Mein letzter Artikel (Dämmwahnsinn) fand viel Zuspruch aber von Seiten der Verarbeiter auch Ablehnung. Mir wurde vorgeworfen miese Stimmung gegen Polystyrol-Dämmplatten zu schüren und Unwahrheiten zu verbreiten. Der Aufforderung, meine Aussagen zu widerlegen, ist keiner nachgekommen. Deshalb gehe ich jetzt noch ein bisschen mehr in die Tiefe und begründe meine Aussagen.
- Pro Kilo Polystyrol benötigt man ca. 5 Kilo Erdöl
Ein durchschnittliches Einfamilienhaus hat eine Fassadenfläche von ca. 250 m². Aktuell wird im Schnitt 18 cm stark gedämmt. Dies bedeutet, es werden 1.035 kg Polystyrol (23 kg/m³) benötigt um die Fassade zu dämmen. Was wiederum bedeutet, dass 5.175 kg Erdöl für die Herstellung eingesetzt werden müssen. Der Transport vom Hersteller zum Händler und dann weiter zur Baustelle ist hierbei noch nicht berücksichtigt.
- Für die Herstellung wird Pentan eingesetzt
Pentan ist ein Lösungsmittel und wird für das Aufschäumen benötigt (ist auch in Sprühdosen als Treibmittel zu finden). Wie hoch der Verbrauch liegt wurde mir auch auf Nachfragen bei verschiedenen Herstellern nicht mitgeteilt.
Warnhinweise zu Pentan
- kann bei Verschlucken und Eindringen in die Atemwege tödlich sein.
- giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung
- Dämpfe können Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen
- kann zu spröder und rissiger Haut führen
Zudem wird Wasser in Form von Wasserdampf für die Herstellung benötigt. Hier waren die Mengen auch nicht in Erfahrung zu bringen.
- Bei der Verbrennung entstehen hochgiftige Dämpfe
Wenn Polystyrol verbrannt wird kommt es zu Emission von Styrol. Pro Tonne Polystyrol, 15 kg Styrol. Auch wenn Polystyrol durch die Zugabe von Brandschutzmitteln nicht brennt, so wird bei Hitze dennoch Styrol freigesetzt. Dies geschieht übrigens auch bei der Verarbeitung mit dem Heißdraht.
Warnhinweise zu Styrol:
- starkes Nervengift
- krebserzeugende und erbgutschädigende Wirkung
- wassergefährdend
- gesundheitsschädlich beim Einatmen
- HBCD-haltiges Polystyrol ist Sondermüll
Obwohl HBCD schon seit Mai 2013 im Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe aufgenommen wurde, gab es erst ab August 2015 ein Verbot für die Verwendung als Brandschutzmittel.
HBCD-haltiger Dämmstoff kann nur in Verbrennungsanlagen mit entsprechenden Filtern verbrannt werden. Im März 2016 waren von 80 Verbrennungsanlagen nur 10 damit ausgestattet.
700 Millionen Quadratmeter HBCD-haltige Polystyrol-Dämmplatten müssen früher oder später entsorgt werden.
(Die Halbwertszeit von Polystyrol wird von Fachleuten auf etwa 5.000 Jahre geschätzt. Eine Entsorgung als Platten kommt deshalb wohl nicht in Frage.)
- Die Energiebilanz ist bescheiden
Der Energieverbrauch für die Herstellung von 1 kg Polystyrol liegt bei 105 MJ. Dies entspricht 29 kWh. Für unsere zuvor beschriebene Fassade bedeutet dies einen Energieeinsatz von 30.015 kWh für die Polystyroldämmung.
- Polystyrol passt nicht zu unserem Klima
Die Speicherfähigkeit von Polystyrol passt nicht zu unserem Klima. Bei uns werden im Winter, bei tiefstehender Sonne, speicherfähige Wände besonders günstig mit Energie beliefert. Polystyrol kann diesen Vorteil nicht bieten, da es zu 98% aus Luft besteht. (Solarstrahlung erwärmt nur Materie – keine Luft!)
- Verdrehen der Fakten zum Nutzen der Profitgier?
Der K-Wert wird aus der Wärmeleitungsgleichung (von John Babtiste Joseph Fourier) abgeleitet. Die Ursprungsformel, bestehend aus 5 Teilen, wird dabei aber komplett umgewandelt. Die Speicherfähigkeit und Solarstrahlung wird auf Null gesetzt. Außerdem wird eine konstante Wärmestromdichte vorausgesetzt. Deshalb ist der k-Wert nur eine rechnerische Fiktion. In der EnEV wird aber genau dieser Wert als Grundlage herangezogen.
Auch in Verkaufsgesprächen darf der k-Wert nicht fehlen. Allerdings bleiben wichtige Fakten unerwähnt. Die Verdoppelung der Dämmung führt lediglich zu einer Halbierung des k-Wertes. Deshalb ist mehr Dämmung meist nicht wirtschaftlich, zumindest nicht für den Endverbraucher.
Beispiel:
10 cm Dämmstoff ergibt einen k-Wert von 0,4 W/m²K
20 cm Dämmstoff ergibt einen k-Wert von 0,2 W/m²K
Laut EnEV muss die wirtschaftliche Vertretbarkeit gegeben sein. Für wen, ist leider nicht aufgeführt.
Dies sind nur die Nachteile von Polystyrol-Dämmplatten. Die Nachteile der Materialien für die Verarbeitung und Oberflächengestaltung wurden hier noch nicht mit einbezogen.
Hallo Herr Kristijan,
ich bin Fan von Kalk-Dämmputz und Hanf-Kalksteinen als Vormauerung. Ob diese Produkte aber zu Ihrem Gebäude passen kann ich ohne Bilder nicht beurteilen.
Im Sockelbereich, zumindest bis zur Erdkante, gibt es wenig bis keine Alternativen zum Perimeter. Zumindest keine die halbwegs bezahlbar sind.
Als Geschoßdeckendämmung funktionieren Hanf-Dämmplatten oder Holzweichfaserplatten sehr gut.
Grüße aus Marktbreit
Gerold Engist
Was wären denn gute Alternativen für die Fassaden- und Dachbodendämmung? Bei der Perimeterdämmung führt anscheinend kein Weg an XPS vorbei…
Hallo Herr Matthias K.,
grundsätzlich ist beides, EPS (Styropor) und XPS (Styrodur) der gleiche Mist. Ausgangsmaterial ist für beide Varianten Polystyrol. Der Unterschied liegt in der Herstellung. Beim EPS wird das Polystyrol aufgebläht, beim XPS wird es in Formen gespritzt.
Als Dämmmaterial im erdberührenden Bereich kommt man an XPS, aufgrund der geringen Wasseraufnahme derzeit nicht vorbei. In allen anderen Bereichen wo EPS und XPS eingesetzt wird gibt es deutlich bessere Lösungen, zumindest wenn Funktionalität und Nachhaltigkeit mit betrachtet werden.
Grüße aus Marktbreit
Gerold Engist
Ich lese immer EPS und XPS….
Alles der gleiche Müll? Oder doch nutzbar?
Jede Anmerkung hilft….danke
Hallo Herr Jürgen H.,
tatsächlich handelt es sich hier schon um einen älteren Beitrag. Daher können durchaus Bezeichnungen verwendet werden, die heute nicht mehr aktuell sind. Ich denke das spielt aber auch keine Rolle.
Grundsätzlich geht es in dem Beitrag um die Nachteile von EPS, an denen sich bis heute nichts geändert hat. Es gibt eine Vielzahl von Dämmmethoden die langfristig besser funktionieren und unsere Umwelt deutlich weniger belasten als EPS.
Gerne akzeptiere ich aber auch Ihre Sicht der Dinge und veröffentliche deshalb auch Ihren Kommentar.
Grüße aus Marktbreit
Gerold Engist
Hallo Herr Engist,
Ihre Informationen sind sehr einseitig niedergeschrieben. Eine ganzheitliche, neutrale, sowie richtige Bewertung wäre wünschenswert.
Übliches EPS hat heutzutage ein Wärmeleitstufe von 035 und die Bezeichnung k-Wert gibt es schon sehr lange nicht mehr.
Bei der Berechnung der Gebäude-Energiebilanz nach heutigem GEG, sehr ähnlich zur alten, von Ihnen angeführten EnEV werden sowohl Speicherfähigkeit als auch Solarzustrahlung auf opake Bauteile berücksichtigt. Letzteres, wenn die Fachperson das für relevant hält, was in den meisten Fällen nicht so ist.
Die Wärmeleitungs-Gleichung von JEAN BAPTISTE Joseph Fourier wird beispielsweise deshalb zur Ermittlung von U-WERTEN vereinfacht, weil flächige Bauteile betrachtet werden. Hier hat die Richtung des Wärmestroms nur noch eine Dimension. Zum Ausgleich von Effekten in weitere Richtungen werden so genannte Wärmebrücken separat betrachtet.
Der Wärmestrom wird bei GEG-Bilanzen deshalb als konstant angesetzt, weil die Heizperiode ein langer Zeitraum ist. Womit richtigerweise sowohl für die Außen- als auch die Innenseite vereinfacht gesagt Mitteltemperaturen angesetzt werden. Trotzdem werden z. B. Wärmespeichereffekte (durch andere Berechnungsformeln) berücksichtigt, wie schon beschrieben.
Zu Ihrem Gebäudebeispiel:
250m² Dämmfläche opaker Bauteile sind verdammt viel, aber sei´s drum.
Ihre Beispieldämmung senkt den U-Wert einer ungedämmten Wand von 1,6 (angenommen) auf 0,17 W/m²K. Damit spart die Dämmung nach überschlägiger Rechnung 22000 kWh/a Heizenergie ein. Verglichen mit dem von Ihnen angeführten Energieeinsatz amortisiert sich diese energetisch also in weniger als 2 Jahren.