„Kalkputz im Haus wäre schon schön, wenn ich mir den noch leisten könnte“. Das höre ich in letzter Zeit immer öfter, wenn ich mit Menschen über gesundes und nachhaltiges Bauen und Sanieren spreche. Steigende Preise in allen Lebensbereichen zwingen viele Bauherren zu Sparmaßnahmen. Davon betroffen sind leider auch so wichtige Themen wie die Wahl des Putzes, der eine ganz entscheidende Rolle spielt wie lange ein Gebäude hält und wie wohl sich die Bewohner darin fühlen.
Aus dem Grund zeige ich Ihnen heute, wie Sie mit etwas Eigeninitiative kostengünstig zu einem Kalkputz kommen können, wenn Sie haben den Mut und die Zeit haben, ein wenig zu experimentieren.
Ich stelle Ihnen 13 Kalk-Rezepte für verschiedene Anwendungsbereiche vor. Wichtig dabei ist, immer erst ausprobieren ob die Rezeptur mit Ihrem Kalk und Sand funktioniert. Ob die gewünschte Festigkeit erreicht wird und ob die Mischung auf Ihrem Untergrund hält. Außerdem sollten Sie erst im Innenbereich Erfahrung sammeln, bevor Sie sich an eine Fassade wagen.
Gerade der Sand spielt bei der Herstellung von Kalkputzen eine große Rolle. Was bei uns mit unserem Sand sehr gut funktioniert muss bei Ihnen mit Ihrem Sand nicht auch gelingen. Deshalb immer Musterflächen anlegen und das Material prüfen, bevor Sie es anwenden. Mehr zur Verarbeitung und worauf Sie achten sollten, erfahren Sie hier.
Vorab ein wenig Fachwissen, um die verschiedenen Kalkarten unterscheiden zu können bzw. um die Rezepturen besser verstehen zu können.
Luftkalk (CL / DL)
Kalk der sich mit atmosphärischem Kohlenstoffdioxid verbindet und erhärtet. Luftkalk hat keine hydraulischen Eigenschaften. Er wird in zwei Untergruppen aufgeteilt:
Weißkalk (CL): Beim Weißkalk handelt es sich um einen Luftkalk, der vorwiegend aus Calciumoxid und/oder Calciumhydroxid ohne Zusatz von hydraulischen Stoffen oder Puzzolanen besteht.
Arten von Weißkalk: CL 90 / CL 80 / CL 70
Weißkalke werden darüber hinaus nach ihrer Lieferform als ungelöschte Kalke (Q), Kalkhydrat-Pulver (S), Kalkteig (S PL) oder Kalkmilch (S ML) klassifiziert.
Dolomitkalk (DL): Beim Dolomitkalk handelt es sich um einen Luftkalk, der vorwiegend aus Calciummagnesiumoxid und/oder Calciummagnesiumhydroxid ohne Zusatz von hydraulischen Stoffen oder Puzzolanen besteht.
Arten von Dolomitkalk: DL 90-30 / DL 90-5 / DL85-30 / DL 85-5
Dolomitkalke werden darüber hinaus nach ihrer Lieferform als ungelöschte Kalke (Q) oder Kalkhydrate-Pulver (S) klassifiziert. Halbgelöschtes Dolomitkalkhydrat wird als (S1) klassifiziert.
Hydraulischer Kalk (HL)
Ein Kalk, der aus Kalk und anderen Materialien wie Zement, Hochofenschlacke, Flugasche, Kalksteinmehl und anderen geeigneten Materialien besteht. Hydraulischer Kalk erstarrt und erhärtet unter Wasser. Atmosphärisches Kohlenstoffdioxid trägt zum Erhärtungsprozess bei.
Arten von Hydraulischem Kalk: HL 2 / HL 3,5 / HL 5
Natürlicher Hydraulischer Kalk (NHL)
Ein Kalk mit hydraulischen Eigenschaften, der durch Brennen von mehr oder weniger tonhaltigen oder kieselsäurehaltigen Kalksteinen (einschließlich Kreide) und anschließendes Löschen zu Pulver, mit oder ohne Mahlung, entsteht. Er erstarrt und erhärtet nach Mischen mit Wasser. Die Erhärtung erfolgt zusätzlich durch die Reaktion mit atmosphärischem Kohlenstoffdioxid (Carbonatisierung). Die hydraulischen Eigenschaften resultieren ausschließlich aus der besonderen chemischen Zusammensetzung des natürlichen Ausgangsmaterials. Natürlicher Hydraulischer Kalk enthält keine weiteren Zusätze.
Arten von Natürlich Hydraulischem Kalk: NHL 2 / NHL 3,5 / NHL 5
Formulierter Kalk (FL)
Ein Kalk mit hydraulischen Eigenschaften, der hauptsächlich aus Luftkalk (CL) und/oder Natürlichem Hydraulischem Kalk (NHL) mit Zusätzen aus anderem hydraulischem und/oder puzzolanischem Material besteht. Er erstarrt und erhärtet nach Mischen mit Wasser. Die Erhärtung erfolgt zusätzlich durch die Reaktion mit atmosphärischem Kohlenstoffdioxid (Carbonatisierung).
Arten von Formuliertem Kalk: FL A 2 / 3,5 / 5; FL B 2 / 3,5 / 5; FL C 2 / 3,5 / 5
Kalk-Putz-Rezepte
1.) Spritzbewurf
- 1 T NHL 3,5 / 5
- 3 T Sand (Korn 4 mm)
Kalk-Grundputz
2.) Grundrezeptur
- 1 T NHL 2 oder Weißkalk (CL 90)
- 3 bis 4 T Sand* (Korn 0 – 2,5 mm)
3.) Kalkspatzenputz
- 60 ltr. Grubensand (Korn 0 – 2,5 mm)
- 6 ltr. Stückkalk (CL 90)
- 15,7 ltr. Wasser
- Hanffasern 2 – 10 mm (ca. 0,2%)
4.) Kalk-Haarputz (oder Kalk-Strohputz)
- 37 ltr. Sumpfkalk
- 89 ltr. Grubensand
- 0,5 kg Kälberhaar (oder 1,8 kg Stroh)
5.) Kalk-Lehm-Grundputz
- 1 T NHL 2 oder Weißkalk (CL 90)
- 1 T Lehm-Grundputz
- 2 bis 3 T Sand* (Korn 0 – 2,5 mm)
Kalk- Sockelputze
6.) NHL-Sockelputz
- 1 T NHL 5
- 0,5 T Steinmehl
- 2,5 T Sand (Korn 0 – 2,5 mm)
7.) Romankalk-Sockelputz
- 1 T NHL 3,5 oder 5
- 1 T Romanzement
- 2 T Steinmehl
- 4 T Sand (Korn 0 – 2,5 mm)
- 0,01 T Zitronensäure
Kalk-Oberputze
8.) Kalk-Oberputz
- 1 T NHL 2 oder Weißkalk (CL 90)
- 4 – 5 T Sand (Korn bis 1 mm)
9.) Kalk-Feinputz
- 1 T Kreide
- 1 Teil Marmormehl
- 2 T NHL 2 oder Weißkalk (CL 90)
- 3% Cellulose-Wasser
10.) Kalk-Glätte
- 1,5 T Kalksteinmehl
- 1 T Sumpfkalk
- Ca. 3% Cellulose-Wasser
Sonstige Kalk-Rezepturen
11.) Steinersatz
- 1 RT NHL 2 / 3,5 oder 5
- 1 RT Romanzement
- 2 RT Steinmehl
- 4 RT Sand (Korn nach Bedarf)
- 0,01 RT Zitronensäure
12.) Kalk-Ansetzmörtel
- 1 T NHL 2
- 0,5 T Prompt
- 3 – 4 T Sand (Korn 0, 2 mm)
13.) Kalk-Hanf-Reparaturmörtel
- 1 T NHL 2
- 0,5 T Prompt
- 3 – 4 T Sand (Korn nach Bedarf)
- 0,1 T Hanffasern (bis 10 mm)
Zuschläge
Abschließend noch ein paar Zeilen zu den verwendeten Zuschlägen.
Sand: Die Wahl des Sandes ist ausschlaggebend für die Qualität des Putzes. Ich empfehle, sauberen Sand zu verwenden der keinen Lehm, Ton, Schlamm oder sonstige organischen Stoffe enthält. Auch die Form vom Sandkorn spielt eine Rolle. Ein kantiges Korn sorgt für eine höhere Festigkeit. Die Größe von Sandkorn hängt von der Putzart ab. Bei einem Grundputz ist ein Korn bis 2,5 mm ideal, bei großen Schichtdicken auch bis 4 mm. Ein Zwischenputz wird mit einem Korn bis 1,2 mm hergestellt und für einen Oberputz empfiehlt sich ein Korn bis 0,8 mm oder feiner.
Hanffaseren: Mit Hanffasern im Putz können Sie das Wasserrückhaltevermögen steigern. Das bedeutet, der Putz trocknet nicht so schnell aus. Bei stark saugenden Untergründen oder auf Fassaden sollte darauf nicht verzichtet werden.
Zitronensäure: Zitronensäure verlangsamt das Abbinden was gerade bei Mischungen mit Promt sehr hilfreich ist.
Promt (Romankalk): Promt ist ein natürlicher Schnellzement der von den Römern entwickelt wurde. Er beschleunigt das Abbinden, erhöht die Festigkeit und reduziert die Wasseraufnahme.
Hinweise
Bei der Herstellung und Verarbeitung der Putze ist es wichtig, die Atemwege, Haut und Augen zu schützen. Daher ist eine entsprechende Schutzausrüstung zwingend erforderlich!
Beim Löschen von Kalk entstehen Temperaturen von 100 °C bis 450 °C. Dies bei der Wahl der Behälter berücksichtigen.
Die hier gemachten Angaben beruhen auf eigenen Erfahrungen. Darum können aus ihnen keine Schadensersatzansprüche hergeleitet werden. Alle Angaben ohne Gewähr. Ich rate daher dringend, die hergestellten Produkte vor der Verwendung ausgiebig zu testen.
Workshops und Fachvorträge
Wenn Sie mehr über die Altbausanierung erfahren oder die ersten Schritte nicht alleine gehen möchten, haben wir genau das richtige für Sie. Unser Projekt „Baudenkmal sanieren“.
Neben der Herstellung und Verarbeitung von Kalkputzen bieten wir Gewerke übergreifende Workshops und Fachvorträge, für alle die keine Angst haben sich die Hände schmutzig zu machen.
Mehr dazu unter: https://www.baudenkmal-sanieren.de/
Ich würde mich freuen, Sie demnächst persönlich kennen zu lernen.
Teilen Sie mir Ihre Baustoff-Erfahrungen mit, stellt Sie Fragen und lassen Sie uns eine lebendige Gemeinschaft aufbauen, die sich für gesundes und nachhaltiges Wohnen einsetzt.
Für eine nachhaltige Zukunft
Gerold Engist
Hallo Herr Thomas E.,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich verstehe die abschließende Frage nicht. Wo wurde ein „NICHT“ zu viel verwendet. Habe meinen Text mehrfach gelesen, finde aber kein „Nichts“.
Grüße aus Marktbreit
Gerold Engist
„Hanffasern: Mit Hanffasern im Putz können Sie das Wasserrückhaltevermögen steigern. Das bedeutet, der Putz trocknet nicht so schnell aus. Bei stark saugenden Untergründen oder auf Fassaden sollte darauf nicht verzichtet werden.“
Frage: Hier ist doch das „NICHT“ zu viel, oder?
Hallo Frau Damaris P.,
in einem Keller bei dem es auch noch feuchte Stellen gibt sollten Sie auf Cellulose verzichten. Sie können den Ziegel mehrfach gut vornässen und dann einen Kalk-Grundputz aufbringen. Dazu 1 T Kalk mit 3 – 4 Teilen Sand mischen.
Den Grundputz zweilagig aufbringen. Wenn Sie genügend vor- und nachwässern können Sie den Grundputz mit einem Holzbrett abreiben und mit einer Kalkfarbe streichen. Ein Oberputz ist in einem Keller nicht zwingend notwendig. Alternativ können Sie natürlich auch einen Kalk-Oberputz aufbringen und diesen mit Kalkfarbe streichen.
Grüße aus Marktbreit
Gerold Engist
Bin ein fleißiger Leser Ihrer Seite und mein Mann und ich haben schon einiges umgesetzt. In diesem Artikel hab ich wieder einiges gelernt und Lust zum ausprobieren bekommen. Wir haben einen Keller, Lagerkeller nicht gedämmt Baujahr 1903, Ziegelmauerwerk.
Welches Rezept eignet sich hier?
Wir hätten gern ein weißes Endergebnis. Vermutlich sind Rezepte mit Zellulose nicht geeignet, oder?
Und die ein oder andere feuchtere Stelle ist im Keller leider auch vorhanden
Grüße aus der Nähe von Berlin,
Hallo Herr Engist, vielen Dank für den tollen Beitrag. Ich wollte fragen was sie mit Cellulose-Wasser meinen – ist das methylcellulose oder noch was anderes? Wie würde ich das herstellen? viele Grüße, Tim S.
Hallo Herr Tim S.,
Cellulose-Wasser können Sie mit Methylcellulose selbst herstellen. Wir verwenden dafür Tylose MH 300 von Kremer Pigmente und lösen 400 g in 10 ltr Wasser auf. Auch der Glutolin L der gleichnamigen Firma funktioniert.
Grüße aus Marktbreit
Gerold Engist
Hallo Herr Engist, vielen Dank für die tollen Rezepte! Ich habe mich gefragt wo ich cellulose-wasser herbekomme. Ist das einfach meghylcellulose, also kann ich das einfach selber herstellen? Viele Grüße!
Hallo Herr Thomas S.,
viel Erfolg bei Ihrem Vorhaben.
Grüße aus Marktbreit
Gerold Engist
Vielen Dank. Gut, dann werde die Rezeptur erstmal an einer Fläche zum Testen ausprobieren.
Im Prinzip ist die Fugenfarbe egal. Die Löcher sind an der Innenseite der Wand. Darüber kommt dann ja der Kalkputz. Die Fugenfarbe egal, da das Mauerwerk nach innen nicht sichtbar bleibt, aber dennoch ist ihr Rat hilfreich, da ich dann grob versuchen werde die gleiche Art Mörtel zu verwenden wie vorher. Der sieht schon eher heller aus.
Dann werde ich einen Trasskalk oder Kalkzementmörtel verwenden.
Hallo Herr Thomas,
die Mengenangaben entsprechen unseren Erfahrungen und unseren Rohstoffen. Da der Sand eine große Rolle spielt, kann es mit Ihrem Sand natürlich zu Abweichungen der Rezeptur kommen.
Deshalb mein Hinweis, Eigenmischungen immer erst testen, bevor Flächen damit beschichtet werden.
Beim Mauermörtel würde ich mich am Bestand orientieren. Wenn bisher ein zementhaltiger Mörtel verwendet wurde empfiehlt sich, wegen der Fugenfarbe, jetzt auch wieder einen Mörtel mit Zement zu verwenden.
Wenn die Fugen eher weiß bis hellgrau sind kann auch ein Kalkmörtel mit 4 mm Korn verwendet werden.
Bei Feuchtigkeit im Mauerwerk ist Trasskalk auch eine gute Wahl.
Grüße aus Marktbreit
Gerold Engist
Hallo,
ich weiß nicht, ob ich mir das selbermischen zutrauen würde. So wie es sich liest sollten diese Mengenangaben exakt befolgt werden. Ich weiß nicht inwieweit diese Mischungen Fehler „verzeihen“. Was würden Sie eigentlich für einen Maurermörtel empfehlen um „kleine Löcher“ (vllt. von höchstens 20x20cm) in einer Bruchsteinwand (Kalk oder Sandsteine) mit Steinen und Mörtel beizumauern?
Mein Rohbauer hatte mir Sackware von Trasszement- und Trasskalkmörtel (Tubag) empfohlen. Nach eigener Recherche habe ich auch einen Trasskalkmörtel von Gräfix gefunden. Gräfix 55 wird dort vorgeschlagen.
Wenn man im System der „feuchteregulierenden“ Wand bleiben möchte (wir machen auch einen Kalkputz), dann sollte man zumindest vermutlich auf Trasszement als Mörtel verzichten oder? Vermutlich ist Gräfix 55 zu bevorzugen oder was würden Sie sagen?